Ein kurzer (sehr kurzer) Überblick des deutschen Energiemarktes

Welches sind die wichtigsten Energieträger in Deutschland und wie werden sie beschafft?

Deutschland bezieht 45 % seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse - dieser Anteil hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt -, während der Rest aus fossilen und nuklearen Quellen stammt. Was jedoch den Primärenergieverbrauch betrifft - die Gesamtenergieversorgung unter Berücksichtigung aller Sektoren, einschließlich Transport und Umwandlungsverluste - wird das Land nach wie vor überwiegend mit fossilen Brennstoffen versorgt: (absteigend sortiert nach Mengen): Importiertes Öl, importiertes Gas, einheimische Kohle und importierte Kohle. Diese starke Abhängigkeit von Energieimporten setzt die deutsche Wirtschaft externen Faktoren und Einflüssen aus, wie dies während der russischen Gaskrise zu beobachten ist.

 

Wieviel Energie verbraucht Deutschland?

Deutschland ist an siebter Stelle des Energieverbrauchs und an neunter Stelle des Stromverbrauchs in der Welt. Der derzeitige Primärenergieverbrauch beläuft sich auf 262,5 MTOE, womit es der größte Energieverbraucher in der Europäischen Union ist und 20 % des Energiebedarfs der Region ausmacht. Angesichts des begrenzten inländischen Potenzials für die Energieerzeugung ist die Abhängigkeit von Exporten in gewissem Maße gerechtfertigt. Es gibt jedoch einen politischen Vorstoß in Richtung einer größeren Energieautarkie, die durch einheimische erneuerbare Ressourcen und die Wasserstoffproduktion "befeuert" wird.

Germany ranks as the 7th top energy-consuming country in the world and ranks first in Europe.
Deutschland liegt auf Platz 7 der Länder mit dem höchsten Energieverbrauch weltweit und auf Platz 1 in Europa.

Wie entstand der deutsche Energiesektor?

Die Entwicklung des Energiesektors in Deutschland verlief parallel zur industriellen Revolution. Sie reicht bis in die 1830er Jahre zurück, als die steigende Nachfrage nach thermischer und mechanischer Energie den Ausbau der Energieinfrastruktur erforderlich machte. Der Grundstein für das Gastransportnetz wurde in den 1860er Jahren gelegt, und das Stromnetz folgte zwei Jahrzehnte später, in den 1880er Jahren.

Die Kraftwerke und die entsprechende Energieinfrastruktur blieben jedoch lokal begrenzt und versorgten in isolierten Netzen die industriellen Brennpunkte, insbesondere im Süden und Westen des Landes. Doch der Reichtum an billiger Wasserkraft in der Alpenregion und die reichlichen Kohlevorkommen im Flachland von Nordrhein-Westfalen - an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden - und später in der Niederlausitz - an der Grenze zu Polen - erforderten in den 1920er und 30er Jahren die Entwicklung eines konsolidierten, zentralisierten elektrischen Übertragungsnetzes.

Wie wurde der deutsche Energiesektor liberalisiert? - Der Weg zur Energie-Demokratie

Im Bewusstsein der wirtschaftlichen Bedeutung der Energieinfrastruktur wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts regulatorische Maßnahmen ergriffen. Die Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) von 1935 war die erste ordnungspolitische Richtlinie zur Schaffung eines fairen Energiemarktes in Deutschland; sie ermöglichte den Behörden den Zugang zu Informationen über die wirtschaftlichen und technischen Aktivitäten der Energieversorgungsunternehmen, die ungehinderte Belieferung aller Kunden mit Energie und die Regulierung der Tarife.

Trotzdem setzten sich die monopolistischen Praktiken der Energieversorgungsunternehmen auf dem deutschen Markt durch, was durch den kategorischen Ausschluss der öffentlichen Strom- und Gasversorger von den Wettbewerbsgesetzen, wie dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) von 1957, deutlich wurde.

 

The pathway to Energy Democracy
Überblick über die Liberalisierung des Energiesektors in Deutschland

 

Die Gründung der Europäischen Union im Jahr 1993 ebnete den Weg für die Schaffung des EU-Energiebinnenmarktes, der die Entflechtung der verschiedenen Marktrollen der einzelnen Akteure, z. B. Marktbetreiber, Regulierungsbehörden, ÜNB, VNB, Erzeuger, Verbraucher, Händler und Versorgungsunternehmen, in den einzelnen Mitgliedstaaten mit sich brachte, um den Wettbewerb zu verbessern.

Die Liberalisierung des deutschen Energieerzeugungs- und -vertriebssektors folgte den Richtlinien auf EU-Ebene in den Jahren 1996 und 1998. (Weitere Informationen über die Liberalisierung in der EU finden Sie in unserem Artikel hier). Die umfangreichen Infrastrukturkosten für Übertragungs- und Verteilungsnetze und die damit verbundenen Ineffizienzen und Kostenverbote, die mit der Entwicklung isolierter Übertragungsnetze für jedes einzelne Unternehmen verbunden sind, haben den deutschen Energiesektor jedoch in Richtung eines natürlichen Monopols für Übertragungsinfrastrukturen gelenkt - sowohl für Gas als auch für Strom.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) ist die wichtigste Regulierungsbehörde, die den Ausbau und den Zugang zu Netzinfrastrukturen in Deutschland überwacht.
Dennoch gibt es Antidiskriminierungsvorschriften, um exorbitanten Tarifen für Dritte entgegenzuwirken, und es wurden Maßnahmen ergriffen, um die Informationsasymmetrie auf dem Markt zu minimieren.

Welches sind die wichtigsten Meilensteine der Liberalisierung des deutschen Energiesektors?

Die Liberalisierung des deutschen Energiesektors, d.h. des Erdgas- und des Elektrizitätssektors, orientiert sich direkt an den auf EU-Ebene erlassenen Richtlinien, die in das deutsche Rechtssystem umgesetzt und übernommen wurden. Diese Richtlinien gaben im Wesentlichen die Leitprinzipien für 5 Schlüsselbereiche der Energiemärkte vor: Deregulierung der Marktaktivitäten, Zugang für Dritte, Regulierung, Entflechtung von ÜNB (Übertragungsnetzbetreiber )und VNB(Versorgungsnetzbetreiber) und Netzausbau. (Was ein ÜNB und ein VNB sind, erfahren Sie in unserem Energy 101).
Die folgende Liste enthält die wichtigsten Ereignisse, die in den letzten drei Jahrzehnten zur Liberalisierung und Optimierung des deutschen Energiemarktes beigetragen haben:

Major events that helped liberalize and optimize the German Energy Sector over the last 3 decades
Wichtige Ereignisse, die in den letzten drei Jahrzehnten zur Liberalisierung und Optimierung des deutschen Energiesektors beigetragen haben.

Was ist die "Energiewende"?

Der Begriff "Energiewende" wurde vor allem während der Anti-Atom- und Anti-Öl-Bewegung in den 1980er Jahren geprägt. In jüngerer Zeit hat er sich jedoch zu einem viel umfassenderen Begriff für die Entnuklearisierung und Dekarbonisierung der deutschen Energieversorgung und den Übergang zu einer nachhaltigen und grüneren Wirtschaft entwickelt.
Die Bewegung genießt breite Unterstützung in der deutschen Bevölkerung und hat bemerkenswerte Erfolge bei der Entkopplung des deutschen Wirtschaftswachstums von den Kohlendioxidemissionen erzielt: Von 2005 bis 2019 wurde ein Wirtschaftswachstum von 24 % bei gleichzeitiger Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um 21 % erzielt.
Zusammengefasst gibt die Energiewende den Rahmen für 3 Schlüsselbereiche vor:

  1. Energieeffizienz - nach dem Grundsatz "Nicht verbrauchte Energie ist nicht erzeugte Energie". Diese Maßnahmen werden in allen Sektoren als primärer Ansatz zur Energieeinsparung umgesetzt.
  2. Erneuerbare Energien - Substitution von nicht nachhaltigem Energiebedarf durch erneuerbare Ressourcen aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen. Die Entwicklung von Biomasse für Wärme- und Stromanwendungen, Biodiesel und Ethanol in Benzin ist das beste Beispiel für eine solche Politik. Solche Kraftstoffe können jedoch auch auf schwer zu dekarbonisierende Sektoren wie die Luftfahrt und die Schifffahrt ausgedehnt werden.
  3. Elektrifizierung - Elektrifizierung aller Sektoren, die pragmatisch und zuverlässig mit erneuerbarem Strom betrieben werden können. Der Landverkehr - wie z.B. die Automobilindustrie und die Eisenbahn - sowie die Heizung im Winter und die Kühlung im Sommer sind eine der Keimzellen für derartige Anwendungen.
 


Venn Diagram: 3 key areas of Energiewende - Efficiency, Renewable Energy, Electrification

 

Darüber hinaus kann die Elektrifizierung durch Sektorkopplung auch zur Erzeugung von Kraftstoffen wie Wasserstoff und Methan genutzt werden, die dann in vielen Sektoren zur Kraftstoffsubstitution oder als Primärkraftstoff eingesetzt werden können, wodurch diese Sektoren indirekt elektrifiziert und die vorhandenen Speicher als saisonale Reserven für erneuerbare Energien genutzt werden.

Es gibt jedoch auch wachsende Bedenken hinsichtlich der weiteren Wirksamkeit und Verfügbarkeit vonMöglichkeiten zur Dekarbonisierungs - da leicht anpassbare Sektoren und am wenigsten störende Maßnahmen bereits ausgeschöpft sind und weitere Entwicklungen in der Energieerzeugung und im Energieverbrauch, Verhaltensänderungen und die Verabschiedung von störenden Maßnahmen sowie erhebliche Vorabinvestitionen - sowohl seitens der Regierung als auch des Privatsektors - erfordern.

Warum sind im Norden Deutschlands Windturbinen und im Süden Solarfelder zu finden?

Die beste Art, Strom zu produzieren, ist, ihn so nah wie möglich an den Bedarfszentren zu erzeugen. Aus wirtschaftlichen Gründen und wegen der Verfügbarkeit von Ressourcen wird diese Regel jedoch häufig außer Acht gelassen. Bei den erneuerbaren Energien sind der Standort und das Klima die wichtigsten Parameter, die das Erzeugungspotenzial bestimmen.

Im Allgemeinen werden die Windressourcen von den globalen Wettermustern und den lokalen Geländeeigenschaften bestimmt, während die Solarenergie direkt mit der Sonneneinstrahlung zusammenhängt, die wiederum von der geografischen Lage abhängt.
Gute Windpotenziale gibt es in der Regel in Küstennähe (Onshore) und auf See (Offshore). Darüber hinaus eignen sich auch Berggipfel und flache, offene Gebiete für gute Windstandorte. Flüsse und Täler hingegen gelten im Allgemeinen als schlechte Windstandorte. Aufgrund der geographischen Gegebenheiten in Deutschland sind solche guten Windstandorte entlang der Küste und im Flachland im nördlichen Teil Deutschlands vorhanden. Allerdings gibt es auch im südlichen Teil des Landes kleine Standorte mit guten Windressourcen.

Die Sonneneinstrahlung nimmt im Allgemeinen ab, je weiter wir uns vom Äquator in Richtung der Pole bewegen; auch die Bewölkung spielt eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Sonnenleistung. Diese beiden Faktoren sind das Hauptproblem für die Solarproduktion im nördlichen Teil des Landes und beschränken daher die Installationen auf die südliche Region, wo es vernünftige Solarressourcen gibt. Deutschland ist jedoch nach Definition kein sonnenreiches Land mit nur etwa 1000 Volllaststunden Sonnenlicht pro Jahr.

Diese Verteilung der erneuerbaren Ressourcen, die begrenzten Übertragungskapazitäten und die Tatsache, dass sich große Industriezentren im Süden des Landes befinden, führen zu enormen Schwankungen der Stromflüsse, die von den saisonalen und täglichen Schwankungen abhängen und die Stabilität des Netzes gefährden. Dieses Problem wird durch die ständig zunehmende Präsenz unvorhersehbarer Anforderungen an das Netz, wie z. B. Elektrofahrzeuge, noch verschärft. Der Netzausbau (sowohl bei der Übertragung als auch bei der Verteilung), die Sektorkopplung und die Stromspeicherung werden als mögliche Gegenmaßnahmen verfolgt, um die negativen Auswirkungen auf das Netz zu verringern.

 

While the North of Germany is more suitable for Wind, the South is more suitable for solar energy
Während der Norden Deutschlands eher für Windenergie geeignet ist, ist der Süden besser für Solarenergie geeignet

- Letzte Aktualisierung im August 2022
- Quellen: Neben den Erkenntnissen/Meinungen des Autors basiert der Artikel auf Informationen von Bundesregierung, BMWi, AG Energiebilanzen e.V., BNetzA, Eurostat, IEA, Agora Energiewende, Weltbank
- Haftungsausschluss: Es wurden alle Anstrengungen unternommen, um die Zuverlässigkeit der Informationen zu gewährleisten; die Richtigkeit der Informationen kann jedoch nicht zu 100 % garantiert werden - es wird daher um Diskretion gebeten.

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