Der deutsche Elektrizitätsmarkt - einfach erklärt

Was ist die geografische Struktur des deutschen Elektrizitätsmarktes?

Das derzeitige Marktdesign in Europa verwendet für die Stromgroßhandelspreise die Methode der zonalen Preisbildung. Zonale Preisbildung bedeutet, dass die Preise innerhalb einer Region, d. h. einer Gebotszone, einheitlich sind.

In Europe, bidding zones generally follow national boundaries, Germany being a notable exception, where the country is internally divided into 4 distinct zones. The German electricity market is managed by 4 distinct Transmission System Operators (TSO):

    1. 50Hertz
    2. Amprion
    3. TenneT
    4. TransnetBW

Im Allgemeinen ermöglicht der Preisunterschied zwischen verschiedenen Gebotszonen den zonenübergreifenden Handel mit Strom. Das zonenübergreifende Handelsvolumen wird jedoch durch die zonenübergreifende Übertragungskapazität - direkt oder indirekt - zwischen den Zonen begrenzt.

Im Falle Deutschlands sind die Preise in den 4 Gebotszonen aufgrund gesetzlicher Eingriffe gekoppelt und homogen, was den Stromhandel innerhalb des Landes ausschließt. Es ist erwähnenswert, dass auch die luxemburgische Gebotszone mit Deutschland preislich gekoppelt ist.

The German Electricity market is divided into 4 bidding zones.
Der deutsche Strommarkt ist in 4 Regelzonen unterteilt.

Was ist Redispatching?

Es wird davon ausgegangen, dass die Netzkapazität innerhalb einer Gebotszone bei perfektem Stromfluss unbegrenzt ist und im Grunde wie eine "Kupferplatte" behandelt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall, da intra-zonale Netzbeschränkungen einen erheblichen Begrenzungsfaktor darstellen, insbesondere in Deutschland, wo sich die Einrichtung großer Übertragungskorridore im Laufe der Jahre als Herausforderung erwiesen hat.

Um dem entgegenzuwirken, nutzen die ÜNB in Deutschland den "Redispatch", um die geplanten Handelsströme innerhalb ihrer Gebotszonen zu ändern und die Marktteilnehmer für ihre Verluste oder zusätzliche Erzeugung zu entschädigen.

Redispatch 2.0

Vor kurzem hat Deutschland die Gesetze zum Engpassmanagement geändert, unter dem Namen 'Redispatch 2.0’. 

Ab dem 1. Oktober 2021 dürfen die ÜNB zur Vermeidung oder Behebung von Netzengpässen auch Kraftwerke aus erneuerbaren Energien redispatchen, sofern die installierte Leistung des Kraftwerks 100 kW übersteigt, unabhängig davon, ob es sich um ein erneuerbares oder konventionelles Kraftwerk handelt.

Das neue Gesetz ändert nichts an der Tatsache, dass der Redispatch für konventionelle Kraftwerke zuerst erfolgt, da der Einspeisevorrang von EE-Anlagen weiterhin Vorrang vor konventionellen Kraftwerken hat.

In jedem Fall müssen die Betreiber dieser Kraftwerke für die Verringerung oder Erhöhung ihrer Stromerzeugung entschädigt werden, was die Strompreise für die Verbraucher erhöhen kann.

Wie ist der deutsche Elektrizitätsmarkt strukturiert?

Die Grafik zeigt eine vereinfachte Struktur und die vertraglichen Abläufe der Energiemärkte in Deutschland.

Ablauf des Elektrizitätsmarktes

Vor der Schließung des Strommarktes kann die Energie leicht auf dem Markt gehandelt werden (Energy-only-Märkte) und je nach Liquidität des Marktes mehrfach den Besitzer wechseln, bevor die Verträge realisiert werden.

Wie kann Elektrizität gehandelt werden?

Die beiden Strategien für den Stromhandel sind:

    1. An organisierten Energiebörsen (standardisierte Produkte) - hier handeln die Marktteilnehmer Strom an öffentlichen Börsen zu transparenten Preisen (Doppelblind-Auktionen).
    2. Over-the-Counter (OTC)-Ansatz (nicht standardisierte Produkte) - wo verschiedene Akteure auf bilateraler Basis mit Strom handeln, werden diese Verträge nicht öffentlich bekannt gegeben.
 

Die verschiedenen Komponenten der Elektrizität, d. h. Energie, Übertragungskapazität und Reserven/Flexibilität, können gehandelt werden, um Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen.

Different components of the electricity market by delivery time
Verschiedene Komponenten des Elektrizitätsmarktes nach Lieferzeiten

Was sind die verschiedenen Strommärkte in Deutschland?

1. Futures/Forwards Markt:

Der physische oder rein finanzielle Handel mit Strom beginnt Jahre im Voraus auf den Terminmärkten. Diese Geschäfte können bis zu einem Tag (T-24h) vor der Lieferung von Strom getätigt werden. Diese Märkte dienen als Hedging-Mechanismus für Verbraucher und Erzeuger und werden zum Schutz vor unvorhersehbaren Schwankungen auf den kurzfristigen Märkten genutzt.

 

2. Spot Märkte

Kurzfristige Stromlieferungen werden in Europa in der Regel von Energy-only-Märkten bezogen. Diese werden unterteilt in den Day-Ahead-Markt (siehe 2a) und den Intraday-Markt (siehe 2b).

Diese Märkte werden von einem ernannten Energiemarktbetreiber (NEMO) betrieben. Diese Märkte gelten als gekoppelt. Das bedeutet, dass der in einer Gebotszone erteilte Auftrag durch die Gebote in einer anderen Gebotszone bedient werden kann, sofern die Übertragungskapazität verfügbar ist.

Die Preisunterschiede zwischen den Gebotszonen gleichen sich daher aus, solange die Interkonnektorkapazitäten nicht überlastet sind und für die Vergabe zur Verfügung stehen. Eine effiziente Nutzung der zonenübergreifenden Interkonnektorflüsse trägt somit zur Preiskonvergenz zwischen den Marktgebieten bei.

 

2a. Spot Märkte: Day-ahead

Die Märkte funktionieren entweder über Auktionen und/oder kontinuierlichen Handel. Die Day-Ahead-Märkte in Deutschland beispielsweise basieren auf Auktionen, bei denen Gebote für den folgenden Tag an jedem Tag des Jahres bis 12 Uhr abgegeben werden können.

Es werden differenzierte Standardprodukte geboten, darunter volle Stunden und Standard-Blockgebote. Die Auktionsergebnisse werden innerhalb von 40 Minuten berechnet und bis 12:40 Uhr für den Folgetag veröffentlicht. Der Markt klärt sich, wenn das Angebot der Nachfrage entspricht; der Markträumungspreis wird systematisch durch die Schnittmenge von Angebots- und Nachfragegeboten - sortiert nach Preis - bestimmt. Die Clearingpreise liegen nach Definition in einem Rahmen zwischen -500€/MWh und 3000€/MWh.

 

2b. Spot Märkte: Intra-day

Auf dem Intraday-Markt wird zwischen der Intraday-Auktion und dem fortlaufenden Handel auf dem kontinuierlichen Intraday-Markt unterschieden. Der fortlaufende Handel wurde bereits im Jahr 2011 eingeführt. Die Eröffnungsauktion für 15-Minuten-Kontrakte wird seit Dezember 2014 durchgeführt und findet ganzjährig um 15 Uhr am Vortag der Lieferung statt.

Die Auktion ermöglicht den Marktteilnehmern eine viertelstündliche Optimierung im Anschluss an die stündliche Optimierung auf dem Day-Ahead-Markt. Als Ergänzung zum kontinuierlichen Intraday-Handel soll die Eröffnungsauktion die Marktliquidität konzentrieren und einen ersten Referenzpreis für den kontinuierlichen Handelszeitraum schaffen. Das Auktionsdesign ist ähnlich wie bei der Day-Ahead-Auktion, wobei der Preis der Intraday-Auktion zwischen -3000€/MWh und 3000€/MWh liegt.

Der kontinuierliche Handel basiert auf einem "Pay-as-bid"-Auktionsformat, was bedeutet, dass es keine einheitlichen Preise für die Produkte gibt, sondern unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt je nach Angebot und Nachfrage zum Zeitpunkt des Handels. Seit 2017 ist es in Deutschland möglich, innerhalb eines ÜNB-Gebietes Geschäfte bis zu 5 Minuten vor Lieferung auszuführen.

Es ist erwähnenswert, dass die finanziellen und physischen Ströme des Stromhandels nicht strikt miteinander verknüpft sind und nur die realisierte Nachfrage in den Kraftwerken erzeugt werden muss. Außerdem unterliegt der physikalische Stromfluss den Gesetzen der Physik und muss bei der Disposition in Echtzeit berücksichtigt werden. Die ÜNB sind für das Dispatch-Management und die Systemstabilität verantwortlich.

 

3. Regelenergiemarkt

Die Hauptaufgabe des Ausgleichsmarktes besteht darin, die Frequenz des Stromnetzes bei 50 Hz zu halten und damit einen zuverlässigen Betrieb und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies steht in direktem Zusammenhang mit den funktionalen Aufgaben der Übertragungsnetzbetreiber.

Der Übertragungsnetzbetreiber (=ÜNB) ist der einzige Organisator und Käufer von Ausgleichskapazität und -energie in seiner jeweiligen Regelzone. Aufgrund des monopolistischen Charakters dieses Marktes ist er durch EU- und nationale Vorschriften stark reguliert. Balancing Service Providers (BSP), die Marktteilnehmer mit Reserveeinheiten oder -gruppen, stellen den ÜNB ihre Ausgleichskapazitäten zur Verfügung.

Der Übertragungsnetzbetreiber schätzt die maximal zu erwartende Nachfrage für das nächste Jahr bzw. die nächsten Jahre, qualifiziert die BSP vor, beschafft und verteilt die erforderlichen Reserven und rechnet die Zahlungen ab. Daher ist ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation mit den ÜNB zu erwarten, wenn man auf diesen Märkten tätig ist.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Höhe der zu beschaffenden Ausgleichskapazität im Voraus festgelegt ist und anhand des Bedarfs an Ausgleichsreserven in den verschiedenen geografischen Regionen des europäischen Energiemarktes berechnet wird.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Höhe der zu beschaffenden Ausgleichskapazität im Voraus festgelegt ist und anhand des Bedarfs an Ausgleichsreserven in den verschiedenen geografischen Regionen des europäischen Energiemarktes berechnet wird.

Four types of balancing reserves
Vier Arten von Ausgleichsreserven, abnehmende Reihenfolge der Zeitempfindlichkeit (von links nach rechts)
Wie diese Kapazitäten beschafft werden, ist in der folgenden Tabelle dargestellt:
Types of Procurement of Balancing Market
Arten der Beschaffung auf dem Regelenergiemarkt

Neben den Erzeugungsanlagen nehmen auch steuerbare Lasten an den Ausgleichsmärkten teil.

Im Jahr 2010 initiierte Deutschland aufgrund seines Binnenmarktdesigns einen Koordinierungsmechanismus zwischen seinen 4 ÜNB für den Ausgleich von Ungleichgewichten - die sogenannte GCC (Grid Control Cooperation). Diese hat sich nun zu einer paneuropäischen Plattform namens IGCC entwickelt (International Grid Control Cooperation) für ÜNB, die an das kontinentaleuropäische Synchronnetzgebiet angeschlossen sind.

Im Rahmen dieser Plattform werden die nach den Intraday-Auktionen verfügbaren zonenübergreifenden Übertragungskapazitäten für den Ausgleich von Ungleichgewichten zwischen den ÜNB genutzt. Dies hat erhebliche Einsparungen ermöglicht, da nur die für den Ausgleich absolut notwendigen Reserven eingesetzt werden, was die Kosten für Ausgleichsenergie senkt und den Wohlstand verbessert.

Der Preis für den Ausgleich von Ungleichgewichten ist von Land zu Land unterschiedlich; im Allgemeinen erfolgt der Ausgleich jedoch auf einer anteiligen oder gewichteten Durchschnittsbasis für die innerhalb eines Landes aktivierten Ressourcen.

Die neuesten Statistiken hierzu finden Sie unter: www.regelleistung.net.

4. Endkundenstrommarkt

Die deutschen Endkundenstrommärkte sind vollständig liberalisiert, d.h. die Kunden können ihre Lieferanten und Verträge frei wählen und ihren Lieferanten jederzeit wechseln. Diese Verbraucher sind in der Regel an Nieder- und Mittelspannungsnetze angeschlossen und werden von einem Versorgungsunternehmen beliefert.

Ähnlich wie die Übertragungsnetze sind auch die Verteilernetze reguliert, wobei der Zugang für Dritte vorgesehen ist. Diese Netze werden von Verteilernetzbetreibern (VNB) verwaltet, die technisch gesehen die gleichen Aufgaben haben wie die ÜNB, mit Ausnahme des Netzausgleichs.

Großverbraucher oder Gruppen von Stromkunden können auch direkt an den Großhandelsmärkten teilnehmen, ohne dass ein zusätzlicher Dienstleistungskontakt über ein Versorgungsunternehmen erforderlich ist.

Was bedeutet ....? Ein Glossar für den deutschen Elektrizitätsmarkt

 

Gebotszone?

Ein geografisches Betriebsgebiet, in dem der Strompreis homogen ist und keine internen Kapazitätsbeschränkungen gelten. Eine Gebotszone wird von einem einzigen Übertragungsnetzbetreiber(=ÜNB) verwaltet und fällt in dessen Regelzone. Der europäische Energiebinnenmarkt ist in mehrere Gebotszonen unterteilt, wobei aus technischen und kommerziellen Gründen zonenübergreifende Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Regelzone?

Geografisches Gebiet, in dem ein einziger Übertragungsnetzbetreiber (=ÜNB) für den Betrieb und die Kontrolle des Netzes zuständig ist. Jeder ÜNB ist nur in seiner jeweiligen Regelzone tätig.

Übertragungsnetzbetreiber (=ÜNB)? / Transmission System Operato (TSO)?

Ein Unternehmen, das für den Betrieb, die Verwaltung, die Reparatur und den Ausbau des Übertragungsnetzes (Hochspannungsinfrastruktur - 220/380 kVAC oder HGÜ) zuständig ist. Diese Unternehmen sind in Deutschland als regulierte Monopolisten tätig und müssen den ungehinderten Zugang Dritter ermöglichen. Die Übertragungsnetzbetreiber sind auch für die Stabilität des Netzes verantwortlich und beschaffen Ausgleichskapazitäten, um einen zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten.

Verteilernetzbetreiber (=VNB)? / Distribution System Operator (DSO)?

Ein Unternehmen, das für den Betrieb, die Verwaltung, die Instandsetzung und den Ausbau des Verteilernetzes (Hoch- und Niederspannungsinfrastruktur) zuständig ist. Solche Unternehmen sind in Deutschland als regulierte Monopolisten tätig und müssen den ungehinderten Zugang Dritter ermöglichen.

Energiebörse? / Energy Exchange?

Die europäische Gesetzgebung schreibt die Einrichtung von benannten Strommarktbetreibern (NEMO) in einem wettbewerbsorientierten oder monopolistischen Umfeld vor. Diese Betreiber organisieren die elektronischen Marktplätze, auf denen verschiedene Marktteilnehmer während der zugewiesenen Handelszeit mit Strom handeln können. Der Handel kann auf der Grundlage von Auktionen oder kontinuierlich erfolgen, je nach Börse und/oder Produkt.

In Deutschland organisieren mehrere Märkte die Day-Ahead- und Intraday-Märkte, wie z. B.: EPEX Spot, EXAA und Nord Pool Spot.

Regelreserveanbieter? / Balancing Service Provider?

Die Marktteilnehmer mit Reserveeinheiten oder -gruppen, die den Übertragungsnetzbetreibern ihre Ausgleichskapazitäten zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich um Kraftwerke, die die von den ÜNB festgelegten technischen Präqualifikationskriterien erfüllen.

Ausgleichskonto ? / Balancing Account?

Für die physische Lieferung von Strom ist ein Konto erforderlich. Jeder Teilnehmer ist für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage in seinem eigenen Portfolio verantwortlich. Jedes Portfolio auf dem Energiemarkt muss mit einem Ausgleichskonto verknüpft sein. Diese Konten werden viertelstündlich ausgeglichen und im Falle von Ungleichgewichten werden Sanktionen verhängt.

Der Handel mit Strom auf den kurzfristigen Märkten ist ohne ein Ausgleichskonto nicht möglich.

Strategische Reserve?

Kraftwerke, die von den Übertragungsnetzbetreibern beschafft wurden, um zusätzliche Kapazitäten und Ausgleichsmöglichkeiten nach dem deutschen Rahmenwerk bereitzustellen. Dabei handelt es sich in der Regel um alte Braunkohlekraftwerke, die für den Notfall bereitstehen.

 

 

 

Einen ausführlichen Einblick in den deutschen Energiesektor als Ganzes bietet unser Artikel "Der deutsche Energiesektor: Ein kurzer Überblick über den größten europäischen Energiemarkt".

 

 

Haftungsausschluss:

Diese Definitionen dienen lediglich der Erläuterung und legen nicht notwendigerweise ihre rechtliche Rolle auf dem Energiemarkt fest oder definieren sie. Die rechtlichen Aufgaben und Zuständigkeiten entnehmen Sie bitte den einschlägigen Vorschriften.

Interessiert in mehr?